Inhalt
Teil 1: Dachabenteuer: Aufbau des Balkonkraftwerk
Teil 2: Balkonkraftwerk – Lohnt sich das?
Teil 0: Vorspiel
Immer wieder kam mir 2023 die Idee mir doch mal ein Balkonkraftwerk (BKW) zu bauen. Immer mal wieder hatte ich Phasen, in denen ich fleißig rumgegooglet habe, um die bestmöglichen Komponenten zu finden. Ich wollte einen Wechselrichter, der möglichst auch WLAN hat, damit ich die aktuelle Produktion abfragen und protokollieren kann. Dann sollte der natürlich noch einen guten Wirkungsgrad haben, selbiges gilt für die Photovoltaik (PV) Module selbst. Und nicht allzu teuer. Und vielleicht nicht aus China…
Und genau an diesem Zusammenspiel – und natürlich der Null-Erfahrung – ist es immer wieder gescheitert. „Ja, da muss ich mal XY fragen“, gedacht, aber nie gemacht – Auch, weil bei gutem Wetter meist Sport oder andere Aktivitäten im Vordergrund standen, statt vor dem PC zu sitzen und das Internet zu durchforsten.
Verletzung = Zeit
Aus unergründlicher Ursache habe ich mir Anfang Oktober irgendwas im Knie verletzt, sodass ich also erstmal mit Sport pausiert habe. Und siehe da, Ende Oktober hatte ich alle benötigten Teile zum Aufbau des BKW auf dem Dach – also eigentlich eine miniPV, kein Balkonkraftwerk – zusammen. Die beiden PV-Module (Heckert Solar NeMo® 4.2 80 M 400) über Kleinanzeigen aus Kempten, den Wechselrichter (Hoymiles HMS-800-2T) und Befestigungen aus dem Internet.
Technische Erklärungen
Was ist das überhaupt?
Weil sicherlich nicht jeder, der das hier ließt, sich schon mit Balkonkraftwerken befasst hat, versuche ich hier einmal kurz runterzubrechen, um was es überhaupt geht.
Mit einem BWK kann jeder einen Teil seiner benötigten Energie selbst erzeugen. In Deutschland darf aktuell (Stand: April 2024) mit einem BKW mit einer maximalen Leistung von 600 W ins Stromnetz einspeisen. Mit dem Solarpaket 1 wird die Leistung dann auf 800W erhöht. Daher habe ich auch zwei PV-Module mit jeweils 400W Leistung und den passenden 800W Wechselrichter angeschafft. Somit kann ich die Limitierung auf 600W deaktivieren, sobald das Solarpaket 1 endlich verabschiedet ist.
Ein paar typische Leistungswerte, um eine bessere Vorstellung zu bekommen:
Wenn man die Energie, welche das BKW produziert, nicht benötigt, wird diese entgeltfrei ins Stromnetz eingespeist. Man verschenkt diese Energie also. Natürlich gibt’s auch Speicher, allerdings kosten die nochmal mehr als das BKW selbst. Bis sich das rechnet… Ne, da leb ich lieber mit dem Gedanken wenigstens etwas für die Energiewende getan zu haben. Wann sich ein BKW rechnet, habe ich für meinen Fall auch mal ausgerechnet, das kommt in einem späteren Kapitel.
Aufbau
Ein Balkonkraftwerk besteht (meist) aus zwei PV-Modulen und einem Wechselrichter, der dann an eine Steckdose angesteckt wird und so die durch die PV-Module erzeugte Energie ins Stromnetz einspeisen kann. Photovoltaikmodule erzeugen immer Gleichspannung (die Großen ca. 50V). Im Stromnetz haben wir aber Wechselspannung mit 230 V (Außenleiter gegen Erde) und einer Frequenz von 50 Hz. Aufgabe des Wechselrichters ist es die eingehende Gleichspannung in Wechselspannung umzuwandeln. Dabei muss die Ausgangsspannung auch synchron mit dem Stromnetz sein.
Häufiger Irrtum: Durch ein BKW wird man nicht unabhängig vom Stromnetz, denn der Wechselrichter schaltet erst ein, wenn er die Frequenz des Stromnetzes messen kann. Sprich: kein Kontakt zum Stromnetz –> Wechselrichter bleibt aus –> keine Energieerzeugung.
Teil 1: Dachabenteuer: Aufbau des Balkonkraftwerk
Vorbereitung
Genug theoretisches Blabla. Am 03. November war es soweit, ich lud einen Kumpel, Valentin, ein und wir versuchten an diesem kühlen und feuchtem Herbsttag das Balkonkraftwerk zu installieren. Üblicherweise hängt man ein BKW an den Balkon – wie der Name schon sagt. Da mein Balkon allerdings Richtung Osten ausgerichtet ist, eignete sich das Dach vor der Dachgaupe mit Südausrichtung deutlich besser. Die Genehmigung von meinem Vermieter habe ich mir schon mitten im Jahr mal geholt – bin ich froh, dass ich so einen entspannten Vermieter habe, sonst wäre das ganze Projekt direkt im Keim erstickt worden.
Damit wir auf den rutschigen Dachziegeln nicht runterfallen können, bastelten Valentin und ich uns behelfsmäßig eine Sicherung.
Haken und Schienen
Die PV-Module werden auf einer Schiene befestigt. Diese Schiene wird von mehreren Haken, welche im Dach verschraubt sind gehalten. Es hieß also erstmal Punkte suchen, wo die Haken gut befestigt werden konnten. Dazu haben wir stichprobenartig die Dachziegel angehoben und wurden schnell fündig. Nachdem die Positionen markiert waren, mussten die betroffenen Dachziegel noch etwas bearbeitet werden. Dafür konnte ich mir sogar den Winkelschleifer von meinem Vermieter leihen – ein weiterer Pluspunkt.
Nach gut 2 Stunden waren alle Haken drin und wir konnten die Schienen montieren. Tatsächlich ist uns nur einmal was runtergefallen – ich weiß gar nicht mehr was – aber dadurch gabs wenigstens auch mal ein Bild von unten:
PV-Module
Jetzt kam die gefährlichere Arbeit: wir mussten die PV-Module auf den Schienen montieren. Wie man auf den Bildern schon sieht, ist da nicht viel Platz zum Stehen. Dazu wiegt ein Modul etwa 21 kg und ist mit 1,73m mal 1,12m auch nicht gerade handlich. Bevor wir überhaupt anfangen konnten ein Panel festzuschrauben, musste das natürlich überhaupt mal aufs Dach. Die Fenster der Dachgaupe sind viel zu klein, das Dachfenster im Wohnzimmer reicht gerade so. Vale stand drin, ich auf dem Dach, wir schieben das Panel nach draußen. Kurz halten, während Vale durch das Gaupenfenster aufs Dach klettert und zu mir läuft. Gemeinsam tragen wir das Panel über das Dach bis vor die Gaupe. Das hat tatsächlich zweimal gut geklappt, war aber ziemlich abenteuerlich.
Jetzt nur noch anstecken – ach shit. Das war nochmal eine Tastarbeit. Der Wechselrichter ist auch an der Schiene festgeschraubt und liegt unter dem zweiten Panel. Nachdem wir das erste Panel befestigt hatten, haben wir es auch mit dem Wechselrichter verbunden. Das zweite Panel mussten wir jetzt durch fühlen und geschicktes Reepschnurschlaufen-Werfen anstecken.
Als letztes noch das Kabel vom Wechselrichter zur Steckdose auf meinem Balkon verlegen. Bis das erledigt war und ich den Stecker ans Kabelende angeschlossen hatte, war es recht dunkel. Naja, jetzt schnell gucken, ob ich das WLAN des Wechselrichters sehe. Nichts. Habe ich womöglich doch irgendwo Außenleiter und Neutralleiter vertauscht (wie oben beschrieben braucht der Wechselrichter Kontakt zum Stromnetz, über den Außenleiter)? Kontrolliert, gemessen, nein, passt alles. Oh man. Ein Tag Arbeit und irgendwas funktioniert nicht… Naja ich musste los – Probleme vom Zukunfts-Nico.
The day after – Shellyinstallation
Am nächsten Tag erneut geguckt: WLAN vom Wechselrichter ist da. Ich habe herausgefunden, dass der sich wirklich nur selbst versorgt, also keine Energie aus dem Stromnetz entnimmt. Sprich, wenns dunkel ist, ist auch der Wechselrichter inkl. WLAN aus.
Jetzt der Plot-Twist: das WLAN des Wechselrichters nutze ich gar nicht, denn ich habe mich entschlossen, dass ich ein Shelly (siehe Bild unten) nutze, um den Energie“verbrauch“ an der Einspeisedose direkt zu messen. Das hat den Vorteil, dass ich mich nicht mit zwei verschiedenen APIs (Entwicklerschnittstellen zur Übergabe von Parametern zur Steuerung und Analyse von Systemen) befassen muss, sondern bei Shellys bleibe, wovon ich schon 9 Stück in der Wohnung verbaut habe, um meine ganzen Lampen smart steuern zu können.
Somit ist das Projekt „Balkonkraftwerk installieren“ abgeschlossen. Gerade eben habe ich schon die Entwicklerschnittstellen der Shellys angesprochen. Da hatte ich schon ein neues Projekt in Aussicht. Dazu gibt’s in ein paar Tagen einen weiteren Blogeintrag.
Jetzt noch ein letztes Kapitel, zu der Frage, die ihr euch bestimmt auch schon gestellt habt:
Teil 2: Balkonkraftwerk – Lohnt sich das?
Kurze Antwort: Nein. Vielleicht in vielen Jahren.
Lange Antwort: Ich habe in meinem Sicherungskasten schon seit Mitte 2023 ein Shelly Pro 3EM hängen. Einfach gesagt: Einen eigenen Stromzähler mit WLAN. So kann ich immer sehen, wie viel Energie ich gerade in der Wohnung so verbrauche – oder eben auch einspeise.
In Kombination mit dem Shelly an der Einspeisedose kann ich also genau errechnen, wie viel Energie das BKW erzeugt und wie viel davon ich nutze, sprich, wie viel ich nicht aus dem Netz entnehmen und bezahlen muss. Da man aus den Shellys sich ganz einfach eine CSV-Datei (Rohdatenexport) exportieren kann, habe ich eine entsprechende Excel-Tabelle erstellt, in der die CSV-Dateien verlinkt sind.
Somit muss ich nur die aktuelle CSV herunterladen und schon berechnet mir Excel meine gesamte Statistik neu. Nach 5 Monaten gibt’s bislang eine ernüchternde Statistik:
Mal gucken, was sich über den Sommer noch tut, da wird ja auch öfter die Sonne scheinen, wenn abends dann mal der PC oder TV läuft. Jetzt ist es meistens Dunkel, wenn ich daheim bin und wirklich Energie benötige… Ich werde den Blogeintrag Ende 2024 mal aktualisieren. Aktuell würde ich sagen, dass es etwa 10 Jahre dauert, bis ich die Anschaffungskosten wieder drin habe.
Das war jetzt mal wieder ein sehr langer Blogeintrag. Wenn du bis hierher gelesen hast, freue ich mich sehr über einen Kommentar.
Die nächsten Tage folgt dann ein Blogeintrag zu meinen ersten Versuchen mit einem ESP8266 Microcontroller die aktuelle Energiebilanz auf einem Display darzustellen und das ganze natürlich autark laufen zu lassen.
Super beschrieben und bis ins Detail genau erklärt. Gott sei Dank ist die Montage unfallfrei verlaufen.!! Dass sich das Ganze leider nur sehr zögerlich rechnet, ist sehr ernüchternd. Viel Spaß mit der Anlage und immer sonnige Tage!!