Warum überhaupt?

In meinem letzten Blogeintrag habe ich es ja schon anklingen lassen: Ich habe mir fürs 24h Rennen eine neue Kamera gekauft. Eigentlich nur für diese eine Woche… Eigentlich. Doch wie kam ich überhaupt auf die Idee? Ich war ja jetzt schon mehrfach auf dem 24h Rennen und mir macht es dort immer großen Spaß zu fotografieren und allgemein ist das einfach eins der coolsten Events, wo ich so war. Da man ja mindestens von Donnerstag bis Sonntag oben sein muss und das auch nur geht, wenn man jemanden kennt der einem einen Zeltplatz frei hält, dachte ich mir, dass es 2019 wohl das letzte Jahr sein wird, in dem ich an den Nürburgring fahren kann. Für den Rest meines Lebens bin ich dann wohl Lehrer, ein Job mit dem Vorteil mehr Urlaub zu haben als alle anderen Berufe, aber dem Nachteil, dass man sich die Urlaubszeit nicht aussuchen kann. Nie. Nicht einen Tag. Bei diesem für mich letztem 24h Rennen (zumindest in vollem Umfang) wollte ich mir dann den Luxus gönnen und einmal mit einer richtig coolen und schnellen Kamera und Objektiv fotografieren. Ich hatte dafür schon lange die Sony a7iii im Auge und wollte sie mir dann einfach für die eine Woche leihen. Als ich dann aber die Leihpreise für eine Woche (Kamera, 2 Objektive ca. 300+€) gesehen habe, dachte ich mir, da kommt es billiger, wenn ich mir alles gebraucht kaufe, eine Woche nutze und danach wieder zum fast gleichen, vielleicht sogar höheren Preis, verkaufe. Also habe ich in den Wochen vor der Rennwoche fleißig ebay kleinanzeigen beobachtet und dann doch tatsächlich eine a7iii für 500€ unter Neupreis erstanden. Ähnlich bei den beiden Objektiven. Jetzt hatte ich sie also. Die Sony a7iii mit dem Zeiss 24-70/f4 und dem Sony G 70-200/f4. Etwa eine Woche bevor es an den Ring ging.

Sony a7iii mit Zeiss 24-70/f4
Mein neues Herzstück

Diese eine Woche habe ich auch gut genutzt und die Kamera erstmal auf mich eingestellt. Und damit war ich erstmal etwas überfordert. Die (man könnte sagen etwas überfrachtete) Menüstruktur von Sony kannte ich ja schon, aber die a7iii liefert nochmal sooooo viel mehr Einstellmöglichkeiten als meine alte a77ii, da hatte ich erstmal zu tun. Was die Kamera aber so toll macht, dazu komme ich später. Beim 24h Rennen war ich natürlich begeistert und mir machte das Fotografieren gleich noch mehr Spaß. Von den Bildern, die dann dabei rausgekommen sind war ich auch sehr beeindruckt. Besonders die Low-Light/High-ISO Performance. Wow, krasses Gerät. Und dann noch die Schärfe besonders von dem 70-200/f4 Teleobjektiv. Naja, ich dachte mir: „nächste Woche steht die Hochzeit von nem Kumpel an, da kann ich sie ja nochmal mitnehmen, danach verkauf ich sie wieder“.

Eine Woche später: „ah, in 4 Wochen flieg ich nach Ägypten, da kann ich sie dann nochmal mit Sternbildern ausprobieren“.

5 Wochen später: „jetzt bin ich dann für 1,5 Wochen im Allgäu, da geh ich dann auch nochmal fotografieren.“

Wieder 2 Wochen später: „ne, jetzt steht Umzug an, da kümmere ich mich nicht auch noch um den Verkauf“.

Ihr merkt, irgendwie wollte ich die Kamera nicht loswerden und hab immer wieder neue Ausreden gesucht. Es macht einfach viel mehr Spaß mit ihr zu fotografieren, als mit der alten a77ii. Der Umzug ist mittlerweile auch schon wieder 6 Wochen her und ich habe mir nochmal viele Gedanken gemacht, ob ich mir die a7iii leisten will/kann und ob ich sie wirklich brauche. Dann bin ich nochmal mit beiden Kameras zum Fotografieren und habe ein paar Vergleichsbilder gemacht. Danach war für mich die Entscheidung gefallen: Ich verkaufe meine alte a77ii.

 

Der Entscheidungskampf – Pro und Contra

links a77ii, rechts a7iii
Links die a77ii und rechts die neue a7iii – hier sieht man schon wie viel kleiner die a7iii ist

Die Entscheidung ist also gefallen, aber warum? Was macht die a7iii so viel besser als meine alte a77ii, dass ich bereit war dafür so viel Geld auszugeben? Daher kommen jetzt ein paar Punkte, welche die jeweiligen Kameras gut oder nicht so gut machen.

Im Grunde kann man sagen, dass die a7iii alles kann, was die alte a77ii auch schon konnte, nur entweder besser oder schneller. Zudem bietet die a7iii einfach einen Haufen mehr Features. Aber fangen wir mal damit an, was die a77ii besser konnte.

A77ii > a7iii

Klappdisplay

Ihr Klappdisplay lässt sich auch 90° nach unten schwenken, was gerade bei überkopf-Aufnahmen echt hilfreich ist. Bei der a7iii lässt sich das Display nur um ca. 40° nach unten neigen und das ist deutlich zu wenig und echt kacke. Vor allem ist das schon seit der ersten a7 Generation und allen Modellen (a7, a7s, a7r) so. Enttäuschend. Aber das ist der wohl einzige wirkliche Minuspunkt der a7iii.

Schulterdisplay

Die a77ii hat ein Schulterdisplay mit den wichtigsten Kameraparametern. Das ist ein nice2have Feature. Ich habe das Display eigentlich viel genutzt, aber wirklich stören tut es mich nicht, dass es die a7iii nicht hat.

Draufsicht a77ii und a7iii
oben: a77ii mit Schulterdisplay

Blitz

Die a7iii hat keinen eingebauten Blitz mehr. Fotos habe ich mit dem Blitz der a77ii glaube ich nie gemacht, aber ich hab den Kamerablitz benutzt um meinen großen externen Blitz fernauszulösen. Für diesen Zweck muss ich mir jetzt eine Funkmodul kaufen, das hält sich preislich aber in Grenzen 😉 Mein Alter Blitz passt übrigens auch auf die neue Kamera.

Vergleich mit der Konkurrenz

Das Display macht nur Canon mit ihrer neuen spiegellosen EOS R Serie besser. Nikon verwendet bei der Z6, Z7 dieselbe beknackte Display-Befestigung wie Sony. Canon und Nikon haben allerdings ein Schulterdisplay.

Joa… und das wars auch schon, was die a77ii besser macht. Klingt jetzt etwas negativ, denn schlecht macht sie auch (fast) nichts. Über die a77ii habe ich schon mal ein ausführliches Review geschrieben (https://neveroff.de/2017/02/sony-a77ii-review-erfahrung-test/). Allerdings ist die a7iii in allen anderen Punkten einfach besser. Wäre auch schlimm wenn nicht, schließlich kostet die a7iii ziemlich genau das doppelte.

Pro a7iii

Meine alten Objektive kann ich übrigens nicht mehr an der neuen Kamera verwenden, auch wenn beides Sony-Kameras sind. Das liegt daran, dass die a7iii eine spiegellose Kamera ist, das macht sie deutlich kompakter, denn das Objektiv rückt näher an den Sensor ran. Und, naja, damit ist es auch schon begründet, warum alte Objektive nicht mehr passen können: Die Entfernung zwischen Objektiv und Sensor ist eine ganz andere und darauf ist die Optik des Objektivs nicht ausgerichtet. Man kann einen Adapter benutzen (im Prinzip ein Abstandshalter), allerdings kommt dann dazu, dass meine alten Objektive APS-C Objektive waren, heißt für Vollformat (Was ist Vollformat? Link) nicht geeignet. Das spiegellose Objektivmount von Sony wird als E-Mount bezeichnet, das alte ist das A-Mount und kommt noch aus Minolta Zeiten (Analoge Spiegelreflexfotografie). Übrigens haben auch Nikon und Canon neue Objektivmounts mit ihren spiegellosen Modellen eingeführt.

Vergleich APS-C/FF und Spiegel/spiegellos
Endlich kann ich selbst ein Vergleichsbild erstellen 😉
Vergleich Objektivmount A-Mount/E-Mount
Durch den Wegfall des Spiegels können die Kameras deutlich kompakter gebaut werden – Links: A-Mount, Rechts: E-Mount

Gewicht und Größe

Trotz, dass die a7iii eine Vollformat-Kamera ist, ist sie mit äquivalentem Objektiv kleiner und leichter, als die a77ii, welche noch einen halbdurchlässigen Spiegel besaß.

a77ii auf der Waage - 1309 g
a77ii mit dem 16-50/f2.8 – 1309 g
a7iii auf der Waage - 1112g
a7iii mit dem äquivalten 24-70mm/f4 -1112 g – knapp 200 g leichter

Vollformat

Es ist eine VF-Kamera, was man bei höheren ISO-Werten einfach stark merkt, schaut euch einfach mal das Vergleichsbild an… Da spielt natürlich auch mit rein, dass die a7iii vier Jahr jünger ist.

ISO3200 bei Tageslicht. Links die a7iii, rechts die a77ii, da wirds schon grob 😉
200mm (also voller Zoom), handgehalten bei 1/30sek, f4, ISO12800 (!) – da kann man sich vorstellen wie dunkel es war und was die Bildstabilisierung geleistet hat. Trotz des hohen ISO-Werts ist das Bild trotzdem brauchbar, Das hätte die a77ii niemals geschafft. Danke auch an Roman, dass ich das Bild nutzen darf 😉

Autofokus

Alter falter, dieser Autofokus. Der AF der a77ii war ja schon schnell, aber die a7iii stellt einfach in einem Sekundenbruchteil scharf, direkt auf das Auge bei Portraits und verfolgt das Objekt, egal wie schnell es sich bewegt, über den gesamten Bildbereich. Denn die a7iii hat 693 AF Messfelder, 693. Die a77ii hatte 94 und das war vor 5 Jahren schon echt hammer. Der schnelle AF ist einer der Faktoren, warum das Fotografieren mit der a7iii einfach so viel (mehr) Spaß macht. Natürlich braucht man dazu noch passende Objektive, aber eigentlich alle Sony VF-Objektive haben einen Linearmotor und sind damit schnell genug.

Schwere Bedingungen für eine Kamera
186mm, 1/60sek, f4, ISO6400 – der Augen-AF sitzt. Das Sony G 70-200mm ist so ein tolles Objektiv 😀 – Danke an Dani, dass ich das Bild nutzen darf 🙂

Bildschirm

Ja, der Bildschirm hat auch einen Vorteil: es ist ein Touchscreen. Endlich kein umständliches umherschieben des Fokuspunktes mehr. Einfach mit dem Finger den Bereich antippen, wohin fokussiert werden soll. Besonders bei Videos ist dies super, wenn man die Schärfe von Vordergrund auf Hintergrund oder andersrum wechseln will.

Rückansicht beider Kameras

Tasten

…davon hat die a7iii nicht nur mehr, sondern es lassen sich auch viel mehr Tasten individuell belegen. Konnte ich bei der a77ii nur eine Taste wirklich frei belegen (die Taste war also nicht mit einer Funktion beschriftet, welche sich ändern lässt) sind es bei der a7iii sechs solcher Tasten. Dazu kommt, dass die a7iii ein extra Rädchen für die Belichtungskorrektur besitzt, womit bei der a77ii immer eine Taste belegt war.  Auch an „Verstellrädchen“ hat die a7iii eins mehr und damit drei Stück. Das heißt jetzt kann ich Blende, Verschlusszeit und ISO einstellen ohne noch irgendeine Taste zu drücken. Außerdem haben die Tasten einfach einen schöneren Druckpunkt, der Auslöser und Ein-/Ausschalter ist aus Alu und nicht aus Plastik, einfach alles hochwertiger.

Bedienung

Die a7iii hat endlich auch ein „Mein Menü“. Heißt ich kann mir die für mich wichtigsten Menüpunkte individuell zusammenstellen. Das erspart langes Suchen in den 37 Einstellreitern mit jeweils 6 Unterpunkten. Die a77ii hatte 26 Reiter, da sieht man auch, dass die a7iii wohl ein paar mehr Funktionen mitbringt… Bei nem Haufen der Funktionen könnte ich jetzt noch schreiben, warum die so toll sind, aber der Blogeintrag hier wird eh schon viel zu lang…

Mein Menü - a7iii
Endlich komme ich auch in den Luxus eines individuellen Menüs

Akku

Die Akkulaufzeit war immer ein großes Manko der spiegellosen Kameras und damit auch der a7-Serie von Sony. Mit der a7iii hat Sony auch einen neuen Akku präsentiert, welcher deutlich länger halten soll. Das tut er auch. Angegeben ist er mit 600-700 Aufnahmen, ich würde sagen da geht sogar mehr. Und man kann den Akku jetzt endlich auch in der Kamera laden, denn die Kamera hat einen microUSB und einen USB-C Anschluss.

4k

Beinahe vergessen: Sie kann 4K HDR und auch im Log-Profil filmen. Das war auch ein großer Punkt warum ich sie jetzt behalte. Meiner Meinung nach sollte man immer erst zu einem höheren/teureren Modell wechseln, wenn man die Möglichkeiten des alten vollständig ausgenutzt hat. Und filmerisch war die die a77ii schon lange am Ende. Autofokus ohne Touchscreen ist doof, um Fokus-Peaking ordentlich nutzen zu können bräuchte man einen externen Monitor, zudem war nicht mehr als 1080p mit 60 Bildern drin. Die a7iii kann bei 1080p jetzt 120 Bilder/s, bei 4K allerdings nur 30. Und natürlich Log-Profile, heißt mehr dynamische Reichweite beim Video (= mehr Details in hellen/dunklen Bereichen), was allerdings eine Nachbearbeitung der Videos zwingend erfordert. Das konnte die a77ii gar nicht.

Sonstiges

Die Objektivauswahl ist riesig und es gibt vieles auch gebraucht. Mittlerweile gibt’s auch viele gute Objektive von Fremdherstellern wie Tamron oder Sigma und es werden immer mehr.

Links das Zeiss 24-70mm/f4, rechts das 70-200mm/f4, quasi die „Standardobjektive“

Das Sony G 70-200/f4 sieht in grau nicht nur super cool aus, sondern ist auch innenzoomend, das heißt die Länge des Objektiv ändert sich beim Zoomen nicht. Dazu ist es super schnell und knackscharf.

Portrait mit dem Sony G 70-200/f4
…und eignet sich auch super für schnelle Portraits 😉 – 133mm, 1/60sek, f5, ISO2000 – Danke an Theresa, dass ich das Bild nutzen kann 😉

Die Kamera lässt sich mit Bluetooth mit dem Handy verbinden, bzw. sie verbindet sich automatisch, so bekommen die Fotos automatisch einen Geotag über das GPS des Smartphones. Das funktioniert 1a und zuverlässig, hätte ich nicht gedacht.

Die a7iii hat eine eingebaute Timelapse-Funktion, heißt ich brauche keinen externen Auslöser mehr, sogar die Empfindlichkeit der Belichtungsanpassung lässt sich regeln. Perfekt.

Sie arbeitet immer mit Arbeitsblende. Das heißt, wenn ich z.B. Blende 11 einstelle, dann schließt die Kamera die Blende sofort –> man sieht live im Sucher, wie sich die Hintergrundunschärfe verhält. Außerdem gibt es bei Timelapse kein Flickering.

 

Warum überhaupt Sony?

…und nicht die neue Canon EOS R, Nikon Z oder doch eine Fuji XT-3? Naja, in erster Linie sicherlich, weil ich schon länger bei Sony bin und somit die Menüstruktur und das Bedienkonzept der Kamera kenne. Der Punkt, der die Nikon und Canon disqualifiziert ist, dass es für die beiden noch fast keine Objektive gibt, von einem Gebrauchtmarkt ganz zu schweigen. Dazu kommt, dass die beiden die jeweils erste Generation einer spiegellosen Kamera des Herstellers sind und naja Sony hat da einfach schon zehn Kameras entwickelt.

Fehlt noch die Fuji XT-3. Das ist zwar keine Vollformatkamera, aber darauf kams mir ja gar nicht an. Von der Bildqualität tut sie sich zumindest bis ISO1600 mit der a7iii sicher gar nichts. Zusätzlich ist sie sehr schnell und ein ganzes Stück günstiger.  Der Preis und die unglaublich guten Videoeigenschaften (4k/60p) reizen da natürlich schon sehr. Was mir an ihr allerdings stört ist der nur sehr kleine Handgriff. Da braucht man schon ne extra Griffvergrößerung und schon ist die Kamera höher von der Bauhöhe und die Kompaktheit leidet. Außerdem finde ich es bei Fuji unschön, dass die Angaben der Bildparameter (Verschlusszeit, Blende, ISO) im Bild (Sucher oder Display) und nicht unterhalb, eingeblendet werden, dazu in einer Schriftart, die auf mich irgendwie altmodisch wirkt 😉 Vielleicht lässt sich das ja auch umstellen. Dazu kommt das komplett andere Bedienkonzept mit einzelnen Rädchen für Blende, Verschlusszeit, ISO.

Fuji X-T2
Die Fuji X-T2 hat für die Einstellungen Blende, Belichtungszeit und ISO ein extra Rädchen. Der Handgriff ist erkennbar kleiner, als bei der a7iii

Sprich: Rein nach Fakten spricht vieles für die XT-3, aber irgendwie fühl ich mich mit ihr in der Hand nicht so wirklich wohl. Der Mensch ist halt einfach ein Gewöhnungstier 😉

 

The End

Wow, das war ja wieder ein laaaanger Eintrag. Danke fürs vorbeilesen 😉

Du hast noch nicht genug? Wie wärs mit dem Fotografieguide? Du verfolgst meine Reiseblogs und möchtest wissen was dahinter so passiert? Das gibts unter Behind the Blog.

PS: Kurz vor dem 24h Rennen dieses Jahr habe ich festgestellt, dass das Rennen auch öfter mal in die Pfingstferien fällt. Es war also doch nicht mein letztes 24h Rennen mit richtiger Eskalation und diese ganze Kamera-Leih/Kauf-Aktion hätte gar nicht sein müssen…

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