Teil 3: Bildgestaltung, Motivplanung
Ob ein Bild für uns gut oder weniger gut aussieht entscheidet meistens nicht die Bildqualität, sondern wie das Bild gestaltet ist. Unser Gehirn erwartet eine gewisse Geometrie im Bild und wenn die nicht passt, dann wirkt das Bild auf uns irgendwie „fremd“ oder eben „nicht schön“. Es gibt Menschen die haben die Bildgestaltung einfach im Blut und machen instinktiv gute Bilder. Alle Anderen (zu denen auch ich gehöre) müssen es lernen.
Ein wirkliches Rezept wie man aus einem Motiv ein gutes Foto macht, gibt es natürlich nicht, alleine schon weil die Geschmäcker verschieden sind, es gibt allerdings ein paar Dinge auf die man beim fotografieren achten kann.
Tiefenwirkung
Wir wollen in erster Linie, dass unser Bild für den Betrachter „natürlich“ wirkt. Unser natürliches Sehen ist, dank unserer zwei Augen, dreidimensional. Es geht also darum mit unserem zweidimensionalen Bild einen dreidimensionalen Eindruck zu schaffen. Wie das geht? (Fast) Jedes Bild braucht einen Vordergrund und einen Hintergrund.
Ein weiteres natürliches Phänomen unseres natürlichen Sehens ist, dass unser Auge immer auf den Punkt fokussiert auf den wir gucken und der Rest des Sichtfelds (besonders Vorder-/Hintergrund) unscharf sind. Um das auch in unseren Fotos zu erreichen, brauchen wir jetzt die Blende!
Perspektive
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es darum geht, sich beim fotografieren aus seinem Komfortbereich heraus zu bewegen. Um nämlich den gewünschten Vorder-/Hintergrund zu realisieren reicht es oft nicht aus die Kamera auf Augenhöhe zu halten und abzudrücken, sondern man muss auch mal in die Knie gehen oder sich sogar hinlegen. Hier erleichtert einem ein Klappdisplay übrigens die Arbeit enorm.
Auch wenn man Personen oder Tiere fotografiert, hilft es sich auf Augenhöhe zu begeben. So hat man z. B. die Katze im Vordergrund und gleichzeitig einen unscharfen Hintergrund, besser als einfach einen scharfen Fußboden als Hintergrund zu haben. Dafür muss man sich aber schon mal hinlegen 😉
Linienführung und Goldener Schnitt
Nicht nur mit unscharfen Teilbereichen, kann ein Bild dreidimensional wirken. Bestimmte Linien im Bild erhöhen ebenfalls die Tiefenwirkung. Vielleicht könnt ihr euch an euren Kunstunterricht in der Schule erinnern, da hat man auch solche Linien gezeichnet um einen 3D Effekt zu erzeugen. Beim Fotografieren können wir jetzt keine Linien in die Landschaft ziehen, sondern wir müssen sie erkennen und uns die passende Perspektive suchen. Hier mal ein paar Beispiele für Linienführung in Bildern:
Wie ihr seht geht das gerade mit Architektur ganz gut. Vielleicht ist euch vor allem bei den letzten beiden Bildern noch etwas aufgefallen? Der Weg ist nicht in der Mitte sondern immer am Rand und ein besonders markantes Gebäude ist recht genau ca. ein Drittel der Bildbreite vom Rand entfernt. Das nennt sich Goldener Schnitt.
Goldener Schnitt oder auch „Drittel-Regel“ besagt also, dass es natürlicher ist, Objekte nicht direkt in der Bildmitte, sondern auf den Drittellinien zu platzieren. Wenn man dann noch einen Linienverlauf in Form der Fibonacci-Spirale hinbekommt, muss das Bild fast perfekt sein 😉
Diese Drittelteilung kann man sich bei den meisten Kameras auch einblenden lassen, so bleibt einem das Schätzen erspart.
Falls es beim Fotografieren doch nicht so ganz geklappt hat, bieten einem die meisten Bildbearbeitungsprogramme ebenfalls beim Zuschnitt die entsprechenden Hilfslinien an.
Noch besser wirkt ein Bild, wenn in diesen Dritteln, noch eine Diagonale Linie zu erkennen ist, wie zum Beispiel auf diesem Bild:
Übrigens: Personen oder Tiere, sollten in Richtung Bildmitte gucken, sonst guckt die Person ja aus dem Bild hinaus. Das macht den ganzen Rest vom Bild total uninteressant, schließlich interessiert es im Normalfall nicht, was hinter der Person passiert. Also sich auf das Wichtigste konzentrieren und Unwichtiges ausblenden.
Motivplanung
Eine Landschaft oder ein Gebäude läuft ja nicht einfach davon, daher kann man vorher planen, wann es wohl am besten ist dort zu fotografieren. Bestimmt ist euch beim Betrachten eurer Urlaubsfotos schon mal aufgefallen, dass Bilder am Abend rund um den Sonnenuntergang oft am besten aussehen. Das liegt an der goldenen und blauen Stunde. Die Farbbezeichnung bezieht sich auf den Himmel, denn der ist ab ca. 30Min. vor dem Sonnenuntergang eher golden und ab 30 Min. nach Sonnenuntergang tiefblau. Diese Lichtstimmung verleiht dem Bild viel mehr natürliche Dynamik und Farbeindrücke, also genau das was wir wollen. Das Ganze gilt umgekehrt für den Sonnenaufgang natürlich auch 😉
Der Sonnenaufgang bzw. -untergang lässt sich jetzt noch relativ leicht planen, die meisten Smartphone sagen einem das ja sogar einfach so, im schlimmsten Fall fragt man Google. Jetzt stellen wir uns mal ein anderes Szenario vor: Wir sind im Urlaub, es ist Abend und wir möchten am nächsten Morgen die blaue Stunde und dann den Sonnenaufgang fotografieren. Da die Belichtungszeiten aufgrund der (noch) Dunkelheit doch etwas länger werden, stellen wir die Kamera auf ein Stativ. Jetzt wollen wir, dass die Sonne genau neben dem Sonnenschirm aufgeht.
Mit einem Kompass können wir die grobe Richtung des Sonnenaufgangs bestimmen. Um die Kamera aber so zu positionieren, dass gerade die erste kleine Rundung der Sonne im Bild neben dem Sonnenschirm erscheint, braucht man dann doch weitere Hilfsmittel. Ich nutze dafür die App PhotoPills. Mit ihr kann ich sehen wann und wo die Sonne aufgeht, sogar mit einer Augmented Reality-Funktion. Das heißt ich stell mich mit dem Handy an den Ort und kann dann mithilfe der Handykamera und der App ganz genau sehen, wo die Sonne, der Mond oder die Milchstraße zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt an diesem exakten Standort stehen.
So plane ich vor allem meine Timelapseaufnahmen. Sobald der Zeitraffer einmal läuft, darf ich die Kamera nicht mehr bewegen. Das heißt ich muss wissen was über die gesamte Dauer der Aufnahme so am Himmel passiert, was schon mal bis zu 4 Stunden bei einer Nacht-Timelapse sind. Nichts ist ärgerlicher, als wenn am Ende der Szene die Milchstraße gerade ins Bild kommt, dann aber ein Baum oder ähnliches davor ist…
PhotoPills kann noch einen ganzen Haufen mehr, wie alle möglichen Berechnungen zu Belichtungszeiten, Brennweiten und und und…
Eine günstigere Alternative ist Planit!, davon gibt es auch eine kostenlose Version.
Merke aus Teil 3:
- Wir wollen 3D! Deswegen:
- Vordergrund vom Hintergrund lösen
- Linienführung um Tiefenwirkung zu erzeugen
- Goldener Schnitt – Objekte an Schnittpunkten der Drittellinien platzieren
- Personen „ins Bild“ gucken lassen
- Raus aus der Komfortzone! Auch mal in die Knie oder die Arme ausstrecken. Klappdisplay ausnutzen
- Fotografieren in der Goldenen oder Blauen Stunde
Weiter gehts mit Teil 4 – Sonstige Einstellungen.