Teil 2: Blende, Belichtungszeit, ISO, Weißabgleich – Was bedeutet das alles?

Schon im ersten Teil bei den Objektiven habe ich öfter mal die Blende erwähnt. Wisst ihr den Zusammenhang noch? – Je kleiner die Blendenzahl, desto mehr Licht kommt durchs Objektiv und umso teurer ist meistens auch das Objektiv. Die Blende ist aber nur eines von dreieinhalb wichtigen Parametern beim Erstellen eines Fotos. Die anderen wären die Belichtungszeit, der ISO-Wert und der Weißabgleich. Den Weißabgleich zähle ich nur als halben Punkt, denn wenn man in RAW (also unkomprimierte, unbearbeitete Bilddateien) fotografiert, dann braucht man sich um den Weißabgleich nicht kümmern und auch der automatische Weißabgleich funktioniert sehr gut. Dazu aber in Teil 3 mehr.

Mit Blende, Belichtungszeit und ISO können wir bestimmen wie Licht auf unseren Sensor fällt. Das sollte ja immer genau so viel sein, dass unser Bild korrekt belichtet ist, also nicht zu hell und nicht zu dunkel. Das kann im Prinzip auch die Automatik der Kamera, aber Blende und Belichtungszeit sind vor allem Gestaltungsmittel. Damit das Bild danach genau den Effekt zeigt, den wir wollen, sollten wir uns dieser Parameter bewusst werden.

 

Blende

Nachdem ich die Blende schon so oft erwähnt habe, fangen wir doch auch mit ihr an. Bei den Objektiven habe ich Beispiele für die Blendenzahl genannt. Z. B. 2.8 oder 3.5. Das sind sogenannte Blendenstufen, die angeben, wie weit die Irisblende eines Objektivs geöffnet ist. Auf Objektiven wird immer die maximale Öffnung angegeben, daran erkennt man wie lichtstark ein Objektiv ist. Kleine Zahl heißt also große Öffnung –> viel Licht.

Typische Blendenzahlen sind f2.8, f4, f5.6, f8, f11, f16. Diese sind so typisch, weil sich hier bei jeder Stufe die Lichtmenge genau halbiert. Das muss man allerdings nicht zwingend wissen 😉 Verschiedene Blendenöffnungen könnt ihr hier sehen:

f1.7 bis f22
Unterschiedliche Blendenöffnungen

Und wofür braucht man jetzt eine große Offenblende?

Die einfache Antwort: zum Freistellen des fotografierten Objektes vom Hintergrund. Die Schärfentiefe verändert sich nämlich, wenn wir die Blende schließen. Die Brillenträger von euch kennen das sicherlich: Wenn wir keine Brille tragen, müssen wir das Auge zukneifen um schärfer zu sehen. Das Loch durch welches Licht kommt wird also sehr klein, was bewirkt, dass der Entfernungsbereich in dem wir scharf sehen, größer wird.

Genauso ist es bei der Kamera: Wenn wir die Blende schließen (=größere Werte der Blendenzahl, z. B. f11), wird der Tiefenbereich größer, der scharf ist. Schaut euch einfach mal diese beiden Bilder an:

Blende 2.8
Blende 2.8 – das Objekt ist freigestellt
Blende 16
Blende 16

Mit diesem Effekt lassen sich Personen oder Objekte auch besser vom Hintergrund freistellen. Gerade bei Portraits wird das gerne genutzt. Deswegen nutzt man übrigens bei Portraitaufnahmen meistens Festbrennweiten (50mm oder 85mm) mit großer Offenblende 😉

Aufbau
Die Beispielbilder sind mit einer Brennweite von 50mm aufgenommen, daher stand die Kamera auch ein kleines Stück vom Objektiv entfernt.

Dieser Effekt wirkt sich umso stärker aus, umso näher das fokussierte Objekt am Objektiv ist und umso größer die Brennweite ist. Es gibt übrigens vielerlei Schreibweisen für die Blende 2.8: f2.8 oder f/2.8 oder 1/2.8.

Merke: Je kleiner der Blendenwert, desto besser wird freigestellt und umso mehr Licht kommt durchs Objektiv (wichtig bei Dämmerung, Innenräume…).

 

Belichtungszeit

Was die Belichtungszeit ist, erklärt ja eigentlich schon der Name. Es ist die Zeit in der belichtet wird. Während dieser Zeit ist der Verschluss geöffnet und es fällt Licht durch die Blende auf den Sensor. Daher wird die Belichtungszeit auch Verschlusszeit genannt. Bei den gängigen Kameras lassen sich Verschlusszeiten von 1/4000 Sekunde bis 30 Sekunden einstellen. Für Zeiten darüber braucht man einen externen Auslöser.

Nicht nur die Bedeutung, sondern auch das Stilmittel, für welches man die Belichtungszeit verwendet kann man sich sehr einfach vorstellen. So wird natürlich alles was sich bewegt bei längerer Belichtungszeit unscharf. Allerdings wird das ganze Bild unscharf, wenn die Kamera sich bewegt. Dann ist das Bild verwackelt.

Für Aufnahmen aus der Hand gilt eine ganz grobe Regel für die maximale Verschlusszeit: 1/[Brennweite]. Wenn ich also mit einer Brennweite von 50mm ein Portrait fotografiere, dann sollte die Verschlusszeit nicht länger als 1/50 Sekunde sein. Grundsätzlich sollte man also die Verschlusszeit so kurz wie möglich wählen um Verwackler zu vermeiden. Dies gilt natürlich nicht, wenn man mit Stativ fotografiert oder wenn man mit Objekten „mitzieht“. Dazu aber mehr später.

Haltung Kamera
Die linke Hand von unten ans Objektiv, damit kann man die Kamera sehr gut stützen und hält sie somit ruhiger. So gelingen auch Aufnahmen mit grenzwertig langer Belichtungszeit.

Merke: Belichtungszeit so kurz wie möglich, Ausnahme sind Stativ, Mitzieher oder gewollte Bewegungsunschärfe.

 

ISO

Der ISO-Wert ist der dritte Wert mit dem wir die Helligkeit des Bildes beeinflussen können. Dieser Wert bezeichnet, wie empfindlich der Kamerasensor auf Licht reagiert. Früher hatten Filme einen festen ISO-Wert, heutzutage haben wir die Möglichkeit den ISO-Wert für jedes Bild zu ändern. Früher war es die chemische Empfindlichkeit des Filmmaterials, heute wird das Signal, was der Sensor liefert bei höheren ISO-Werten einfach mehr verstärkt. Bei dieser Verstärkung von elektronischen Signalen gibt es einen großen Nachteil: Man verstärkt auch die Fehlinformationen, bei Fotos macht sich das dann in Form von Rauschen bemerkbar.

ISO 100
ISO 100
Rauschen ISO 3200
ISO 3200 – das schwarz ist schon nicht mehr so dunkel wie vorher
Rauschen ISO 25600
ISO 25600 – totale Rauschkatastrophe 😉

Daher gilt beim ISO-Wert immer: So hoch wie nötig, aber so niedrig wie möglich. Das macht auch eure Kamera im Automatikmodus: sie öffnet erst die Blende für mehr Licht, verlängert dann die Verschlusszeit bis zum Maximum was per Hand gehalten werden kann und erhöht als letztes den ISO-Wert.

Typischerweise beginnt der wählbare ISO Wert bei 100. Bis ISO 800 sind Bilder auch bei kleinen Kameras normalerweise noch brauchbar. ISO 1600 oder höher wird dann schon kritisch und kommt auf die Kamera und Szene an, welche man fotografiert.

Merke: ISO Wert so niedrig wie möglich halten.

 

Das Moduswahlrad

Wenn wir jetzt fotografieren, dann geht es ja darum die drei Parameter zu kombinieren. In den allermeisten Fällen lässt man zwei davon die Automatik machen und wählt einen Wert konkret vor, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Um diese „Halbautomatiken“ auszuwählen gibt es das (meistens) das Moduswahlrad.

Moduswahlrad
Unterschiedliche Hersteller, aber gleiches Prinzip

A-Modus / Av-Modus

Bei den meisten Bildern ist die Belichtungszeit tagsüber (genug Licht) relativ egal, es macht also keinen Unterschied ob ich die Person oder die Landschaft jetzt mit 1/1000 Sekunde oder mit 1/80 Sekunde fotografiere, daher kann das ruhig die Automatik übernehmen. Da es auch immer recht hell ist, können wir entweder die ISO auf 100 festsetzen oder einfach die Automatik machen lassen, denn die wird höchstwahrscheinlich auch 100 wählen (und wenn es mal 200 sind, ist das auch egal). Um jetzt also unser Bild zu gestalten brauchen wir die Blende und die kann im A-Modus manuell auf einen festen Wert voreingestellt werden. Das A steht hier für „Aperture“, also englisch für Blende, denn wir befinden uns in der Blendenpriorität/Aperture priority.

So können wir jetzt also unsere Blende weit auf machen (= kleiner Wert, z.B. f2.8) um ein Objekt oder eine Person schön freizustellen.

Mohnblume
der Hintergrund verschwimmt, die Mohnblume ist freigestellt

Oder, wenn ich zum Beispiel Landschaft fotografiere, schließe ich die Blende auf irgendwas größer f8, um so zu erreichen, dass ich eine größere Schärfentiefe habe und außerdem machen sich die Linsenfehler so nicht bemerkbar.

Cordillera Blanca in Peru
Der Blick auf mehrere 6000er – aufgenommen mit Blende 8

 

S-Modus / Tv-Modus

Vielleicht könnt ihr euch jetzt schon denken, was der S-Modus macht. Wir wählen die Verschlusszeit vor und die Kamera variiert die Blende automatisch. Das „S“ kommt natürlich wieder aus dem englischen und steht für Shutter. Wir befinden uns in der Verschlusspriorität/Shutter Priority. Bei Canon wird diese als Time-value (Tv), also einen Zeitwert den man einstellt, bezeichnet.

Wie oben schon gesagt, fotografiert man meistens im A-Modus. Ein typisches Beispiel für den Einsatz der Verschlusspriorität ist ein Wasserfall oder Fluss. Wenn die Belichtungszeit sehr kurz ist, friere ich das Wasser ein, das ist cool für Wassertropfen, allerdings sieht man ja gar nicht mehr die Bewegung des Wassers. Dafür wählt man dann die maximale aus der Hand zu haltende Belichtungszeit, dann ist das Wasser etwas verschwommen. Wenn man ein Stativ hat und womöglich noch einen ND-Filter (lässt weniger Licht durchs Objektiv) kann man auch mehrere Sekunden lang belichten.

Sunset Alpamayo
Sonnenuntergang am Alpamayo – dank 1/5 Sek. Belichtung ist „Bewegung“ im Wasser

Die gängigste Ausnahme für mich ist das 24h-Rennen, denn dort fotografiere ich schnelle Autos und möchte ja, dass diese am Ende auf den Fotos auch schnell aussehen. Bei einer sehr kurzen Belichtungszeit, ist das Auto zwar scharf, aber auch die Speichen der Räder und der gesamte Hintergrund, so erkennt man also gar nicht mehr, dass das Auto womöglich über 200km/h schnell war.

Shutter 1/1000
1/1000 Belichtungszeit, das Auto könnte auch stehen… Gerade im Automatikmodus wählen Kameras immer eine kurze Belichtungszeit.

Also wähle ich hier eine Verschlusszeit von ca. 1/50 Sekunde, ziehe die Kamera ganz schnell mit dem Auto mit und mache dabei eine Serienbildaufnahme. Wenn ich beim Mitziehen dann genau die Geschwindigkeit vom Auto getroffen habe, ist nur das Auto scharf und alles andere unscharf.

Frikadelli Racing am Nürburgring
durch das „mitziehen“ wird alles Unscharf, was sich nicht bewegt – die Geschwindigkeit wird sichtbar

Ein Beispiel bei dem man kurze Verschlusszeiten möchte sind oft Sportaufnahmen. So haben die Sportfotografen am Rand des Fußballfeldes ganz sicher eine sehr kurze Verschlusszeit eingestellt um die gestochen scharfen, gerade „gefoulten“ durch die Luft fliegenden Fußballspieler zu fotografieren 😉

 

M-Modus

M steht, schwer zu erraten, für Manuell. Hier müssen wir also Belichtungszeit und Blende manuell einstellen. Bei den meisten Kameras kann man, wenn man möchte, den ISO-Wert noch auf Automatik lassen, allerdings wählen wir hier den manuellen Modus ja nicht ohne Grund, daher wählt man jetzt normalerweise auch den ISO-Wert manuell.

Man nutzt den M-Modus vor allem in zwei Situationen:

  • Man macht mehrere Fotos unter quasi denselben Lichtbedingungen, z. B. im Fotostudio
  • Nachts, da bei Dunkelheit die Automatik der Kamera zu wenig Licht hat um noch irgendwas Brauchbares zu berechnen

Hier vielleicht ein paar Tipps zum Fotografieren bei Nacht:

  • Kamera aufs Stativ, Bildstabilisator deaktivieren
  • Auslösen mit Fernauslöser oder Selbstauslöser, da sonst die Kamera beim Drücken des Auslösers wackelt
  • Für Sternbilder möglichst lange Belichtungszeit um den ISO-Wert so niedrig wie möglich zu halten. Allerdings sind hier bei einer Brennweite von 16mm maximal ca. 20 Sekunden möglich, bevor die Sterne zu Strichen werden (ja, so schnell drehen wir uns).
  • Manuell fokussieren und dabei die Fokusvergrößerung im LiveView nutzen (= auf dem Kameradisplay ins Bild so weit wie möglich digital rein Zoomen und dann am Fokusring drehen)
  • Buchempfehlung: Astrofotografie von Katja Seidel https://amzn.to/2mGxDZu (affiliate-link)
Milchstraße Peru
Blick in die Sterne – 25 Sek, f2.8, ISO1250

 

Belichtungskorrektur

Letzter wichtiger Punkt ist die Belichtungskorrektur. Wenn wir in einem halbautomatischen Modus fotografieren versucht die Kamera ja immer das Bild möglichst ausgeglichen zu belichten. Je nach Situation kann es aber sein, dass wir das Bild gerne etwas heller oder etwas dunkler hätten. Jetzt könnten wir natürlich in den manuellen Modus wechseln und alles per Hand einstellen, oder wir nutzen die Belichtungskorrektur und sagen somit der Automatik, dass sie doch bitte etwas dunkler oder heller belichten soll.

Ihr kennt es bestimmt, wenn ihr mit dem Handy etwas fotografieren wollt und das ganze Bild ist viiiel zu hell. Dann tippt ihr einfach auf die hellste Stufe und das Bild wird dunkler. Das war dann quasi auch eine Art Belichtungskorrektur, nur dass beim Handy damit auch der Fokus verbunden ist.

Die Belichtungskorrektur ist ein ebenfalls sehr wichtiges Instrument, daher gibt es auch immer eine extra Taste dafür oder sogar ein extra Drehrädchen.

Draufsicht Fujji X-T2
Die Fuji X-T2 hat für die Einstellungen Blende, Belichtungszeit und ISO ein extra Rädchen, ebenso für die Belichtungskorrektur (ganz rechts)

 

Sonstige Modi

Sonst bietet das Moduswahlrad gerne noch Extrafunktionen, die ich sehr selten bis gar nicht nutze und die sich auch je nach Kamera unterscheiden. Einzig die Benutzerdefinierten Modi sind noch ganz interessant, gekennzeichnet mit 1, 2, 3 oder C1, C2. Ich habe hier zum Beispiel auf der 1 meinen Nacht-Modus mit ungefähren Werten für die Nachtfotografie (20Sek, f2.8, ISO1600, 2Sek-Selbstauslöser, Bildstabilisator deaktiviert) und auf Speicherplatz 2 meine Timelapse-Grundeinstellungen (0.8Sek, f9, ISO400, Bildstabilisator aus). Von diesen Grundeinstellungen passe ich dann auf die konkrete Situation an.

 

Merke Teil 2:

  • Die Blende sorgt für Hintergrundunschärfe
    • Vorwahl im A-Modus
  • Die Verschlusszeit friert Bewegungen ein oder zeigt Bewegung
    • Vorwahl im S-Modus/Tv-Modus
  • Der ISO-Wert gibt an, wie stark der Sensorwert verstärkt wird
    • So niedrig wie möglich
Photo Cheat Sheet
ein kleines „Cheat-Sheet“, welches die Effekte von Blende, Verschlusszeit und ISO verdeutlicht

Bis Sonntag bei Teil 3, da gibts dann Infos zur Bildgestaltung und Motivplanung.

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