Jetzt ist das Semester vorbei und ich habe mal wieder Zeit für den Blog. Natürlich habe ich die Abstimmung im Januar nicht vergessen und deswegen kommt jetzt der versprochene Fotografieguide. Momentan ist der Plan, dass es vier Teile geben wird:

Teil 1: Kamera- und Objektivvielfalt, Grundbegriffe

Im ersten Teil geht es jetzt erstmal darum einen Überblick über verschiedene Kameratypen zu bekommen und diese zu unterscheiden. Wichtige Grundbegriffe die euch bei der Recherche nach Kameras öfter über den Weg laufen, habe ich mal fett markiert.

Kameratypen
von klein bis groß…

Es gibt ja eine unendliche Vielfalt an Kameras, angefangen von der Handykamera, über die Kompaktkamera bis zu den „großen“ Kameras. Durch die rasend schnelle technische Weiterentwicklung ist der Übergang zwischen den ganzen Kameras immer fließender geworden. So ist eine Kamera eines aktuellen Top-Smartphones beispielsweise auf gleichem oder sogar höherem Niveau als eine Kompaktkamera vor 5 Jahren. Genauso gibt es Kompaktkameras für deutlich über 1000€, welche dann nicht nur preislich in der Liga der APS-C Spiegelreflexkameras mitspielen. Aktuell sind spiegellose Kameras (mirrorless) stark auf dem Vormarsch, daher werden Top-Kameras oft kleiner und leichter und sind fürs Laienauge gar nicht mehr als High-End-Kamera zu identifizieren. Der Einfachheit halber teile ich das ganze jetzt einfach mal in drei Kategorien:

  • Smartphones und Kompaktkameras
  • Einsteiger und Amateur-Spiegelreflexkameras (auch wenn sie oft keinen Spiegel mehr haben, APS-C-Format)
  • Profikameras (Vollformat (VF)/Kleinbildformat (KB)/Full-Frame (FF))

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Worin unterscheiden sich denn die Kategorien (außer im Preis)? Das wären hauptsächlich:

  • Sensorgröße
  • Objektiv
  • Bedienung
  • Schnelligkeit

Sensorgröße

Sensor a77ii
das grüne in der Mitte ist der Sensor und im halbdurchlässigen Spiegel spiegelt sich das AF-System

Ich fang mal mit der Sensorgröße an. Das ist das was man am häufigsten hört. Eine einfache Daumenregel wäre: Je größer die Kamera, desto größer der Sensor, desto besser die Kamera. Das stimmt auch weitgehend, bis auf den letzten Punkt, denn auch Kameras mit etwas kleinerem Sensor, können eventuell gleichwertige Bilder schießen (zumindest im Bereich 1-Zoll vs. APS-C oder APS-C vs. Vollformat). Jetzt fang ich schon wieder an mit diesem „APS-C“, was bedeutet das denn? Das APS-C-Format ist das Sensorformat der Einsteiger bis Amateur-Kameras, es deckt also eine große Zielgruppe ab.

Sensorgrößen
Kleinbild = Vollformat https://de.wikipedia.org/wiki/Bildsensor#/media/File:Sensorformate.svg

Auf dem Bild sieht man gut die verschiedenen Sensorgrößen im Vergleich. Nikons Einsteiger-/Amateurformat ist DX, was aber fast dem APS-C Format entspricht.

Aber warum ist jetzt die Sensorgröße relevant für die Bildqualität?

Das lässt sich sehr einfach erklären: Stell dir vor eine Kamera hat 16 Megapixel. Wenn man die 16 Millionen Bildpunkte jetzt auf der Fläche des Kleinbildsensors verteilt, sind die einzelnen Bildpunkte natürlich größer, als wenn ich sie auf den 1-Zoll Sensor oder sogar den 1/3.2“-Sensor quetsche. Umso größer jetzt ein Pixel ist, desto mehr Licht kann er einfangen, desto geringer muss der Messwert verstärkt werden, also ein technisch besseres Bild (geringeres Rauschen). Gerade am Abend bei schwachem Licht macht sich das richtig bemerkbar! Hier haben die Spiegelreflexkameras immer einen klaren Vorteil gegenüber Kompaktkameras. Auch andere Faktoren wie Blende oder Brennweite wirken sich bei einem größeren Sensor anders aus, was die Gestaltungsmittel erweitert.

 

Objektiv

Objektivvielfalt
Objektivvielfalt

Jetzt das Objektiv. Ein gutes Objektiv ist fast wichtiger als ein teures Kameragehäuse. Das hat den Vorteil, dass man mit einem günstigen Gehäuse anfangen kann, sich langsam teure Objektive kauft, diese dann aber bei einem späteren Upgrade des Gehäuses weiterverwenden kann. Bei den meisten Kameras lassen sich die Objektive wechseln, dabei lassen sich Objektive in zweierlei Kategorien einteilen:

  • Festbrennweiten
  • Zoom-Linsen (variable Brennweite)

Einfach gesagt ist die Brennweite übrigens der „Zoom-Faktor“, heißt umso größer die Brennweite, desto größer ist die Vergrößerung. Wobei man hier nicht sagen kann, dass z. B. 300mm immer einem „10x Zoom“ entspricht. Das ist nämlich auch noch abhängig von der Sensorgröße, denn die Brennweite in Millimeter wird immer auf den Vollformat-Sensor „normiert“ angegeben. Wenn man jetzt einen kleineren Sensor nutzt, dann guckt man vom Bild sozusagen nur einen Ausschnitt an.

Erklärung Crop-Faktor

Das Ganze nennt sich Crop-Faktor, der ist bei einer APS-C Kamera ungefähr 1,5. Das heißt, wenn ich ein 300mm Tele-Objektiv an meine APS-C Kamera hänge, dann bräuchte ich ein 450mm Objektiv an einer Vollformat-Kamera um denselben Bildausschnitt zu realisieren.

Auch die Brennweiten lassen sich in grob drei Kategorien einteilen:

  • Weitwinkel-Objektive (< 16mm bei einem APS-C Objektiv = <24mm bei Vollformat)
  • Standard Brennweite auch „Standard-Zoom“ (ca. 16-50mm APS-C = 24-70mm VF)
  • Tele-Objektive (>70mm)

Bei den meisten Kameras ist ein sog. Kit-Objektiv dabei, was dem Standard-Zoom-Bereich entspricht. Wenn du eine Kamera hast kannst du ja jetzt mal auf dein Objektiv gucken, da sollte die Brennweite draufstehen.

Objektivangaben
Drei verschiedene Objektive

Neben der Brennweite steht noch etwas anderes. Zum Beispiel 3.5-6.3 (rechtes Bild). Das ist die Zahl der maximalen Blendenöffnung. Hier heißt das Blende 3.5 bei 18mm und Blende 6.3 bei 250mm. Umso kleiner die Zahl umso mehr Licht kommt durch das Objektiv und umso besser lässt sich Freistellen. Mehr dazu aber im nächsten Blogeintrag. Relativ einfach gesprochen: Je kleiner die Zahl, desto teurer meist das Objektiv. Bei meinen Beispielen wäre das das 16-50mm mit einer durchgehenden Blende von 2.8.

Festbrennweiten, also Objektive mit denen man nicht Zoomen kann, sind oft lichtstärker, sie haben also eine kleinere Blendenzahl. Einfache Erklärung: Kein Zoom heißt weniger Linsen im System, welche jeweils Licht „schlucken“.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal von Objektiven ist ein Ultraschall- oder Linear-Autofokusmotor. Der wird bei jedem Hersteller anders bezeichnet. Ob es einer ist merkt man aber gleich beim Ausprobieren, denn er ist um einiges schneller und vor allem leise.

Bei Kameras mit fixem Objektiv, muss man immer einen Kompromiss eingehen. So hat eine Kompaktkamera mit „SuperZoom“ zwar einen 20x optischen Zoom, aber dafür ist die Abbildung nicht so scharf, wie bei einem Objektiv mit vielleicht nur 3x optischen Zoom. Es ist hier also so, wie in vielen anderen Bereichen: Es gibt keine eierlegende Wollmilchsau, alles hat seine Vor- und Nachteile. Ich würde mich allerdings immer für die bessere Bildqualität entscheiden.

 

Bedienung

Kompakt vs. SLT
Die Kompaktkamera hat viel weniger Knöpfe

Auch in Sachen Bedienung unterscheiden sich die Kameras natürlich. Das geht eng einher mit unterschiedlichen Gehäusegrößen. So bringt man auf einem großen Spiegelreflexgehäuse natürlich mehr Knöpfe unter, als auf einer kleinen Kompaktkamera. Auch liegt ein großes Gehäuse mit ergonomischem Handgriff besser in der Hand. Den Vorteil der vielen Tasten bekommt man umso mehr zu spüren, je tiefer man in die Materie der Fotografie abtaucht. So habe ich zum Beispiel zwei Drehrädchen, eins vorne, eins hinten. Wenn ich jetzt manuell fotografiere, verstelle ich mit dem hinteren Rädchen die Blende und mit dem vorderen die Verschlusszeit. Auch dass an der Kamera ein extra Knopf oder Rädchen ist um die verschiedenen Autofokus-Modi umzustellen, ist natürlich deutlich angenehmer, als dafür jedes Mal durchs Menü navigieren zu müssen. Das ist also kein muss, es erleichtert einem aber die Arbeit und man spart sich damit auch manchmal Nerven, wenn man nämlich nicht genau weiß in welchem Menü sich die Einstellung jetzt versteckt… da beleg ich mir lieber eine Taste mit der von mir gewünschten Einstellung.

 

Schnelligkeit

Der letzte Punkt: Schnelligkeit. Große Kameras sind nicht nur schneller zu bedienen, sondern auch die Arbeitsgeschwindigkeit der Kamera selber ist um einiges höher. Vor dem Foto ist die Kamera mit dem Fokussieren (Objektverfolgung) schneller, währenddessen kann sie mehr Bilder pro Sekunde anfertigen und danach speichert sie die Bilder schneller weg. Dazu ein kleiner Vergleich:

  • Kompaktkamera: 10 Bilder/s – Max. 10 Bilder am Stück – 15 Sekunden Totzeit
  • Amateurkamera (Sony a77ii): 12 Bilder/s – Max. 30 Bilder am Stück – wird danach nur langsamer, nach 5 Sek. wieder volle Geschwindigkeit, durchgehende Fokussierung
  • Sony a9 (~4000€ ohne Objektiv): 20 Bilder/s – Max. 241 Bilder – wird danach langsamer (immernoch geschätzt 8 Bilder/s), durchgehende Fokussierung, keine Schwarzzeit im Sucher, das Krasseste was ich so in der Hand hatte 😉

Wofür man das braucht? Vor allem bei Sportaufnahmen, bei der WM saßen garantiert Journalisten mit einer Sony a9 am Spielfeldrand.

 

Ausstattung

Ein letzter Punkt fehlt vielleicht noch: Ausstattung. Hier ist es manchmal sogar umgekehrt als man erwarten sollte: Teure Kameras haben oft weniger Funktionalitäten als die Einsteiger-/Amateurkameras. So gab es WLAN oder ein Klappdisplay (ein Must-Have meiner Meinung nach) zuerst in der günstigeren Klasse. Aktuell erhalten gerade Touchscreens Einzug in die Oberklasse.

Bei anderen Ausstattungsmerkmalen ist es aber wie erwartet. Die Großen haben mehr Autofokus-Messpunkte, meistens zwei Speicherkartensteckplätze, mehr Funktionen zur Feineinstellung und Anschlussmöglichkeiten für z.B. Studioblitze.

Anschlüsse Sony a77ii
diverse Anschlussmöglichkeiten der a77ii

 

Kameraempfehlung

Wie ihr vielleicht schon raus gehört habt, gibt es nicht DIE perfekte Kamera. Im Einsteiger/Amateurbereich machen alle Kameras gute Bilder. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Ausstattung und Bedienung. Deswegen ist es sehr wichtig, dass man, vor dem Kamerakauf, einige Kameras in die Hand nimmt und mit ihnen rumspielt. Einen Test den ich gerne mache ist, zu versuchen den Autofokus zu konfigurieren, denn das brauche ich ständig. Wenn das nur über einen Haufen umständliche Menüs geht, ist die Kamera für mich raus. Die Verkäufer kann man auch gerne Fragen, ob es Möglichkeiten gibt bestimmte Tasten beliebig zu belegen oder ob es ein Schnellzugriffmenü gibt.

Wohl aber am Besten ist es, wenn ihr einfach mal jemanden fragt, der eine Kamera hat, ob ihr die mal ausprobieren dürft und denjenigen fragt, warum er sich für genau diese Kamera entschieden hat.

Meine Empfehlungen, wenn man in die Fotografie einsteigen möchte (Stand 03/2020):

  • Kompaktkamera: Sony RX100 (ab Mark IV kann sie auch in 4k Filmen), 1-Zoll Sensor, super Qualität, ich würde die Mark IV nehmen, hier bieten aber auch viele andere Hersteller gute Kameras mit 1-Zoll Sensor; 300-1000€
  • APS-C: Hier ist die Sony a6x00-Reihe hervorragend, Fuji XT1, XT2 oder XT3, auch die Nikon Z50 ist sicher ganz gut, „alte“, echte Spiegelreflexkameras würde ich nicht mehr kaufen, da diese Technologie einfach ausgedient hat; 600-1500€
  • Vollformat: Sony a7iii (die ich mir 2019 „ungeplant“ gekauft habe); Nikon Z6, Canon EOS R, 2000+€

Mein Tipp: Guckt mal auf ebay kleinanzeigen, denn es gibt viele Leute, die sich eine Kamera neu kaufen und nach ein paar Monaten feststellen, dass Fotografieren nicht ihrs ist und verkaufen die fast neue Kamera dann wieder.

 

Zusammenfassung

  • Einsteiger/Amateur-Kameras besitzen einen Sensor im APS-C Format, oft besitzen Einsteiger-Kameras denselben Sensor wie die große Schwester aus dem Amateurbereich, das ist dann top!
  • Mehr Megapixel, heißt nicht bessere Kamera, sondern kann sich sogar genau andersrum auswirken (kleinere Pixel bei gleicher Sensorgröße)
  • Bei schwachem Licht gewinnt eine Spiegelreflexkamera immer gegen ein Smartphone/Kompaktkamera
  • Die Bedienung macht den Unterschied zwischen vielen Kameras und ist nach dem Sensor zweites Kriterium für die Auswahl
  • Das Standard-Kit-Objektiv reicht erstmal. Erstes Upgrade ist am besten eine Festbrennweite mit kleiner Blendenzahl.
  • Je kleiner die Blende, desto mehr Licht kommt durch
  • Je höher die Brennweite, desto größer ist die Vergrößerung

 

Das war jetzt viel Text, freut mich, wenn ihr bis hier gekommen seid 😉 Jetzt gehts weiter mit Teil 2 Blende, Belichtungszeit, ISO, Weißabgleich – Was bedeutet das alles?

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